Cannabigerol, kurz CBG, ist der neue Star unter den Hanfprodukten. War noch vor kurzem unser ganzes Augenmerk auf CBD gerichtet, steht ihm CBG inzwischen fast schon ebenbürtig zur Seite. Es gibt viele Gründe für das wachsende Interesse an CBG. Einer davon ist sicher, dass der Markt ständig nach Innovationen strebt. CBD und CBG sind sich in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich, auch was ihr therapeutisches Potential betrifft. Dennoch bestehen zwischen beiden Cannabinoiden ein paar wichtige Unterschiede, wie ihre Entstehung, ihre Präsenz in der Hanfpflanze, ihre Bindung an die Rezeptoren und letztendlich auch die Wirkung auf den menschlichen Organismus.
Ein paar Worte zu Cannabinoiden
In der Hanfpflanze stecken mehr als 120 Arten von Cannabinoiden. Diese liegen in der Pflanze zunächst in Säureform vor. Dafür steht der Buchstabe A für das englische Acid am Ende des Namens (CBDA, THCA, CBGA …). Unter dem Einfluss von Hitze wird die Säureform der Cannabinoide in die uns besser bekannte pharmakologisch aktive Cannabinoidform umgewandelt (CBD, THC, CBG …). Diese Form ist stabil und keinen weiteren Veränderungen unterworfen. Der Anteil der einzelnen Cannabinoide in der Hanfpflanze ist unterschiedlich hoch. Er hängt vor allem von der genetischen Veranlagung und dem Alter der Pflanze und weniger von den Anbaubedingungen ab.
Die gemeinsame Eigenschaft der Cannabinoide ist ihre Fähigkeit, sich an die körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren zu binden. Nach der Art ihrer Entstehung unterscheiden wir drei Gruppen von Cannabinoiden:
- Phytocannabinoide – pflanzliche Cannabinoide, die von Natur aus in der Hanfpflanze vorkommen
- Endocannabinoide – Cannabinoide, die im Körper von Wirbeltieren (und einigen wirbellosen Tieren), einschließlich des Menschen, produziert werden
- Synthetische Cannabinoide – Cannabinoide, die künstlich im Labor hergestellt werden.
CBG – der Vorläufer aller Cannabinoide
Cannabigerol oder CBG gilt als der Vater der Cannabinoide, da alle anderen Cannabinoide daraus gebildet werden. Cannabigerolsäure oder CBGA ist die erste Cannabinoidstruktur, die in der Hanfpflanze entsteht. Während die Pflanze wächst und reift, zerfällt die Cannabigerolsäure in die drei wichtigsten Cannabinoidsäuren: Tetrahydrocannabinolsäure (THCA), Cannabidiolsäure (CBDA) und Cannabichromensäure (CBCA).
Das meiste CBG steckt in jungen Hanfpflanzen
Der CBG-Gehalt ist am höchsten, wenn sich die Hanfpflanze noch in der frühen Wachstumsphase befindet. Erntet man die Pflanze, wenn sie bereits reif ist, wird der Anteil an Cannabigerol CBGA gering sein, da es fast vollständig in andere Cannabinoide umgewandelt wird.
Will man also die größtmöglich Menge an CBG extrahieren, muss der Hanf geerntet werden, wenn er noch jung ist, d. h. bevor sich die Substanz in andere Cannabinoide umwandelt. Aber selbst in diesem Fall ist es schwierig, eine hohe CBGA-Konzentration in der Pflanze zu erreichen, da sich die Cannabinoide während ihres Wachstums bilden und konzentrieren. Je älter und reifer die Pflanze ist, desto mehr Cannabinoide enthält sie. Bei jungen Pflanzen ist der Gehalt an Cannabinoiden daher relativ bescheiden.
Der CBG-Gehalt in der Hanfpflanze liegt nur bei etwa 1 %.
Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) sind die am umfassendsten erforschten Cannabinoide. CBG ist nicht nur weniger erforscht, sondern auch kommerziell weniger populär, obwohl es in den letzten Jahren zunehmend an öffentlichem und fachlichem Interesse gewonnen hat. Da Hanf im Vergleich zu CBD einen viel geringeren Prozentsatz an CBG enthält, ist der Prozess der Extraktion dieses Cannabinoids um Einiges teurer. Im Durchschnitt sind im Hanf 25 % CBD und nur 1 % CBG enthalten.
CBD und CBG binden sich auf unterschiedliche Weise an den Organismus
Der Hauptunterschied zwischen CBD und CBG liegt in der Bindung an die CBD1- und CBD2-Rezeptoren in unserem Endocannabinoid-System. Wie THC bindet sich auch CBG direkt an diese beiden Rezeptoren, was eine hohe Effizienz der therapeutischen Wirkung ermöglicht. Die Bindung von CBD ist anders: Während die Bindung an die CBD1- und CBD2-Rezeptoren sehr schwach ist, ist es sehr effektiv bei der Aktivierung anderer Rezeptoren und Kanäle, die ebenfalls eine Vielzahl positiver Auswirkungen auf den Organismus haben. So kann CBD den Serotoninrezeptor 5-HT1A aktivieren, der zur Linderung von Angst, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzempfinden beiträgt.
Die meisten der von CBD betroffenen Rezeptoren sind mit Serotonin verbunden, was wiederum seine beruhigende und angstlösende Wirkung erklärt.
Bereiche der therapeutischen Wirkung von CBG
Die Studien über die therapeutische Wirkung von CBG sind noch relativ neu, da es weniger erforscht ist als CBD oder THC. Bisher wurde CBG nur an Tieren erforscht, verspricht aber ein hohes therapeutisches Potenzial. Studien zur Wirksamkeit von CBG:
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankung: Die chronisch-entzündliche Darmerkrankung (IBD) ist eine unheilbare Krankheit, die typisch für die Industrieländer ist. Eine Studie an Mäusen aus dem Jahr 2013 hat gezeigt, dass CBG die entzündlichen Prozesse im Darm effektiv reduziert und damit die Krankheitsaktivität mildert. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23415610/
- Neuroprotektive Eigenschaften von CBG bei der Huntington-Krankheit: Eine Studie aus dem Jahr 2015 hat gezeigt, dass CBG die Neuronen äußerst wirksam vor der für die Huntington-Krankheit typischen Degeneration schützt. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25252936/
- Hohes Potenzial bei der Hemmung von Dickdarmkrebs: Eine Studie an Mäusen aus dem Jahr 2014 hat gezeigt, dass CBG das Wachstum von Krebszellen im Dickdarm hemmt. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25269802/
Dies sind nur ein paar Studien zur therapeutischen Anwendung von CBG. Es gibt viele potenzielle Anwendungsmöglichkeiten. Bestimmte Studien zeigen, dass CBG ein starkes Antioxidans ist, dass es entzündungshemmende und neuroprotektive Eigenschaften besitzt, dass es den Appetit verbessert und dass es eine lindernde Wirkung bei Hautproblemen hat.
Das synergistische Zusammenwirkung aller Cannabinoiden gewährleistet nach wie vor die höchste therapeutische Effizienz
Hanfextrakte, insbesondere CBD, machen einen bedeutenden Anteil am Markt für natürliche Nahrungsergänzungsmittel und alternative Medizin aus. Das bedeutet, dass sie bis zu einem gewissen Grad den Gesetzen dieses tendenziell wettbewerbsorientierten und vereinfachenden Marktes unterliegen. Während noch vor wenigen Jahren CBD der Superstar unter den Cannabinoiden war, teilen sich heute CBG, CBC und sogar CBN mit ihm das Rampenlicht. Wir machen oft den Fehler, die Cannabinoide miteinander zu vergleichen, eine Art Wettbewerb zu veranstalten, welches von ihnen besser und therapeutisch wirksamer ist und daher mehr positive Auswirkungen haben wird. Dabei vergessen wir allzu gerne, dass Cannabinoide am stärksten sind, wenn sie zusammenwirken. Wenn sie dabei noch von den Wachsen, Terpenen und anderen hanfeigenen Phytochemikalien unterstützt werden, umso besser.
Ihre therapeutische Wirkung ist dann am stärksten, wenn es gelingt, die Anordnung der Substanzen im Extrakt der natürlichen Anordnung in der Hanfpflanze so exakt wie möglich nachzuahmen.
Dies wird auch als „Entourage-Effekt“ bezeichnet und bedeutet, dass ein einzelnes Cannabinoid therapeutisch am wirksamsten ist, wenn es synergistisch mit anderen Cannabinoiden und Phytochemikalien der Pflanze wirkt.
Quellen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7324885/
https://bpspubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/j.1476-5381.2011.01238.x
http://www.ffa.uni-lj.si/docs/default-source/e-knjige/uporaba-kanabinoidov.pdf?sfvrsn=2
https://www.fundacion-canna.es/en/cannabinoids